Universität ohne Gedankenfreiheit
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Universität ohne Gedankenfreiheit

Jakobiner sind nie zufrieden. So trägt auch der „Kampf gegen Rechts“ immer reichere Frucht: Kollektivisten und Fortschrittler, die de facto Rückschrittler sind, weil sie sich als die Hohepriester einer Gleichheits- und Ökoreligion gerieren, maßen sich an zu bestimmen, wer an oder auch nur in der weiteren Umgebung von deutschen Universitäten sprechen darf. Die Ereignisse um Bernd Lucke und Thomas de Maizière sind bekannt. Nun hat es das Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE) getroffen. Eine internationale Konferenz, die, hochkarätig besetzt, nächste Woche in einem Münchner Hotel und Konferenzzentrum stattfinden sollte, wurde kurzfristig abgesagt. Aufgrund des Drucks von „Aktivisten“.

Unterdessen fragt eine Politikerin, die im Abgeordnetenhaus des Landes Berlin sitzt, wie es denn komme, daß aufgrund des „Mietendeckels“ kaum noch Neubauten in unserer glücklosen Hauptstadt begonnen würden. Nun, dafür dürften ebenjene Grundmechanismen der Markt- und Unternehmerwirtschaft (vulgo „Kapitalismus“) verantwortlich sein, von denen ein gewisser Anteil heutiger Erwachsener auf ihren noch unzureichend durchideologisierten Mittelschulen gehört haben dürfte. So schließt sich der Kreis. Wie ja auch das Jakobinertum nicht gerade eine Sternstunde von Staatsphilosophie und -kunst darstellt. Und, sofern lange genug am Ruder, jeden Staat fest und zuversichtlich auf den Weg Venezuelas führt – bis ganz nach unten.

Was tun? Vermögen bilden, kleine private Hochschulen aufbauen, an denen sich in Ruhe und Würde studieren und lehren läßt, dabei gesalzene Aufnahmegebühren als Filter einsetzen. Damit das Ambiente stimmt, außerhalb und innerhalb. Klöster für freie Geister schaffen, als praktische Benedikt-Option. Konfessionelle Bindung muß dabei nicht stören. Und wenn zu studieren ein „Recht“ sein soll – schon solche Verwechslungen zeigen, weshalb die Dinge den Bach heruntergehen -, nennen wir eben dasjenige, was auf den neuen kleinen und privaten Hochschulen geschehen soll, hübsch altertümlich: sich bilden.

Außerdem wäre es sicher nützlich, sich zu verdeutlichen: Wer „gegen Rechts“ kämpft, muß deshalb kein Kämpfer für die Freiheit sein. Nicht bloß der „rechte“ Totalitarismus ist gefährlich, sondern auch der „linke“ Totalitarismus (und alle weiteren seiner Formen), und wer ehrlichen Herzens auf diesen Umstand hinweist, relativiert in keiner Weise die abscheulichen Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten. In diesem Lichte erscheint die Formel „Kampf gegen Rechts“ als eine Verkürzung, die manches Übel hervorzurufen geeignet ist. Ob jene Verkürzung versehentlich unterlaufen oder als Element im weitesten Sinne marxistischer Propaganda gewollt sei, möge hier undiskutiert bleiben.

Was in der Bundesrepublik Deutschland wie in jedem anderen entwickelten Land, dessen Bürger in demokratisch verfaßter Freiheit leben wollen, tatsächlich auf dem Spiele steht, das bezeichnet nicht das Gegensatzpaar „nicht-rechts vs. rechts“, sondern es bezeichnen andere Gegensatzpaare, nämlich: „individuelle Freiheit vs. Kollektivismus“, „Freiheit von staatlicher Bevormundung vs. Paternalismus“, „Markt- und Unternehmerwirtschaft vs. Sozialismus“, „bürgerliche Lebensauffassung und Arbeitshaltung vs. Antirationalismus und politische Romantik“.

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Zu den „Klöstern für freie Geister“ vgl. Rainer Kolk, Literarische Gruppenbildung: Am Beispiel des George-Kreises 1890–1945, Tübingen 1998, S. 238. Die Sache geht auf Friedrich Nietzsche und Stefan George zurück, ist „aber“ weniger qualmig, als es scheinen mag.

Globalisierungsetüde

Globalisierungsetüde

Da sitzt dieser sportlich wirkende Mann um die Dreißig bei Ikea in Katowice, seine sympathisch anmutende Frau nebst fröhlich plappernden Kindern um sich, und trägt ein T-Shirt mit dem (von Seiten des Produzenten, als Element des Designs) durchgestrichenen Schriftzug „Globalization“, unter dem eine kaum sachlich zu nennende Definition des inkriminierten Prozesses erscheint, gleichfalls in englischer Sprache; er sucht etwas in seinem Smartphone. Das also ist Globalisierungskritik: Wenn ein Mann aus Polen in einem schwedischen Möbelhaus auf die Oberfläche seines koreanischen, chinesischen, japanischen oder amerikanischen Smartphones blickt, während sein in Bangladesh oder Vietnam hergestelltes T-Shirt verkündet, was von alledem zu halten sei, und ein aus Deutschland stammender Metöke ihn beobachtet.

(Bild: jplenio auf Pixabay.)

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Helfen wollen vs. helfen

Die Unternehmerin Magatte Wade mit John Stossel über die Schwierigkeiten, in Afrika Arbeitsplätze und also nachhaltigen, wachsenden Wohlstand zu schaffen: Überwältigend komplizierte, jegliche Initiative behindernde oder gar erstickende Steuer- und Zollbestimmungen der dortigen Staaten, Korruption – und schließlich „helfende“ Erstweltler, etwa eine US-Firma, die ihren Kunden anbietet, für jedes in den Vereinigten Staaten verkaufte Paar Schuhe ein weiteres Paar in das Afrika südlich der Sahara zu schicken, um Armut zu bekämpfen. Was dabei herauskommt: eine Zerstörung der örtlichen Schuhmacher-Betriebe. Lehrreiche sechs Minuten (in englischer Sprache).

Licht und Schatten. Eine Sieferle-Rezension

Der „Eiertanz“ (Popper 1984: 109) um Rolf Peter Sieferles 2017 im Verlag Antaios erschienenes Büchlein Finis Germania, zwischenzeitlich persona non grata auf der Bestsellerliste von Norddeutschem Rundfunk und Süddeutscher Zeitung, ist weithin bekannt (Müller 2017, Wang 2017). Die gegenwärtige Rezension befaßt sich nicht mit der Antaios-Publikation, sondern mit Sieferles Abhandlung Das Migrationsproblem, die ebenfalls 2017 erschienen ist, bei Manuscriptum.

Sieferles Migrationsproblem teilt sich in fünf Teile: „Migrationsursachen“, „Situation in den Zielländern“, „Narrative zur Legitimation“, „Motive der Akteure“, „Die längere historische Perspektive“. Der Großteil seiner Erwägungen betrifft die Situation in Europa, mithin jene Länder, die Ziel der Migration sind. Hier sieht der habilitierte Historiker Tendenzen zur Selbstdestruktion am Werke, die mit geregelter oder ungeregelter Einwanderung nichts zu tun haben, wohl aber von ihr verstärkt werden. Seine Argumente entstammen der – wenn man möchte, ‚klassischen‘ – liberalen[1] und auch der konservativen Kritik an der modernen Massendemokratie; die Ausuferung des Sozialstaats, deren volkswirtschaftliche und moralische Folgen werden beklagt. „Ein Produkt dieser Entwicklung“, so Sieferle im Anschluß an Helmut Schelsky, sei

der „betreute Mensch“, der die Vielfalt von sozialstaatlichen Leistungen, die ihm zufließen, für selbstverständlich hält: Bildung/Ausbildung, Gesundheitswesen, Infrastruktur, Kindergärten, Erziehungsgeld, Schwimmbäder, Sportstadien, Altersheime etc. Der betreute Mensch wird im Zuge dieser Entwicklung immer weicher und unselbständiger. Die Jungen werden zu Mädchen erzogen. Die Menschen werden empfindlicher, allergischer, veganer. (111-112)

Ein solcher Dekadenz-Befund ist nichts Neues, geschweige denn Originelles – aber auch nichts Überholtes! –, und sein Vorkommen ist weder auf das beginnende einundzwanzigste Jahrhundert, noch auf Deutschland beschränkt. Doch beeinträchtigt dieser Umstand keineswegs das Vergnügen, Sieferles Migrationsproblem zu lesen. Denn sein Buch schöpft aus der europäischen Bildungstradition seit der Antike, spricht von Barbaren, wo Barbaren (jeglicher Zeit und Herkunft) gemeint sind, und ruft damit einen gelinden, deshalb desto wirkmächtigeren Anklang an das Schicksal des (west-)römischen Reiches hervor; es nennt „ochlokratische Tendenzen“ als grundlegendes Problem jeder Demokratie (92), bezeichnet die gegenwärtigen Europäer im abschließenden Kapitel über mehrere Seiten mit Nietzsches Zarathustra als „letzte Menschen“ (130-132). Der Nietzsche-Bezug bleibt unausgewiesen; wie ja auch die Anklänge an Helmut Schoecks gewaltige Studie Der Neid zwar merklich sind, aber nicht belegt werden. Arnold Gehlen, Max Scheler und Max Weber stehen (ebenfalls nicht immer genannt) Pate, wo Sieferle mit den Begriffen der Hypermoral und Gesinnungsethik arbeitet, die Moral eines allumfassenden Humanismus als etwas Gefährliches, da Selbstzerstörerisches begreift.

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Newman

Empfehlenswerter Dokumentarfilm von einer Stunde Länge über Leben und Werk von John Henry – später Kardinal – Newman, erzählt von dem US-amerikanischen Bischof Robert Barron. Der erste Teil des Films behandelt Newmans Leben vor und nach seiner Konversion vom Anglikanismus zum Katholizismus; der zweite Teil bespricht einige wichtige Werke Newmans.

Anrührend ist, daß der Film zwei Opfer herausarbeitet, die Newman auf seinem Wege gebracht hat. Beide Opfer dürften auch dem religiös Unmusikalischen verständlich sein, eine Saite in ihm zum Klingen bringen.

Das eine Opfer Newmans bestand im Verzicht auf ein Leben in Oxford, als Professor der Oxforder Universität und unter Oxforder Akademikern, da dergleichen als Abtrünniger vom Anglikanismus damals nicht mehr möglich war. Ein jeder, der seine Nase in Dutzende stockfleckiger Bücher gesteckt hat, um Halb- oder vielleicht auch Dreiviertelverstandenes zu exzerpieren, kann ermessen, was für ein gewaltiges Opfer das gewesen sein muß!

Und hier das zweite Opfer: Als Anglikaner war Newman ein gesuchter Prediger in gerammelt voller Kirche, dessen Predigten von gewaltiger Länge als Meisterwerke angesehen wurden. Als katholischer Geistlicher gab es dergleichen Gelegenheit nicht mehr; zehn Minuten für die Predigt, das war’s damals.

Update: Der vollständige Film ist inzwischen nicht mehr unentgeltlich zugänglich. Oben findet sich ein Auszug.

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Der Blick für’s Detail

Der zweisprachige Tumblr-Blog „Life of Architecture“ (Englisch/Polnisch) lädt dazu ein, den Blick für architektonische Details zu schärfen. Die Aufnahmen stammen aus Krakau und anderen Städten oder Gegenden im Süden Polens. Schauen Sie vorbei – bei dem Blog, aber auch sonst -; es lohnt sich. Er enthält keine Reblogs, sondern nur Original-Postings. Wenn Sie mehr erfahren möchten, finden Sie dort Angaben zu den abgelichteten Gebäuden, teils mit einigem über deren Historie.

(Wiedergabe-Genehmigung.)

Global Warming 2019

Global Warming 2019

Wie man hört, sind im Westen der USA – eine Woche nach Herbstanfang – drei Fuß Schnee gefallen. Und das nicht in einer kleinen Ecke, sondern in den Staaten Kalifornien, Oregon, Washington, Montana, Idaho, Nevada und Utah. Da wurde irgendjemand nicht gebrieft.

Drei Fuß entsprechen 91,44 cm.

(Bild: Jason Gillman, Pixabay.)

Jordan Peterson über (den Kampf gegen) den Klimawandel
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Jordan Peterson über (den Kampf gegen) den Klimawandel

Jetzt werden Sie einwenden: „Was hat ein klinischer Psychologe über den Klimawandel oder Bemühungen zu sagen, die den Klimawandel mindern sollen?“ Völlig richtig. Dennoch lohnt es, die sechseinhalb Minuten zu investieren. Denn Jordan Peterson betrachtet die Angelegenheit als komplexes Problem und im Hinblick auf Ziel-Hierarchien, unterstreicht, wie wenig wir wissen, mit welchen Unschärfen Lösungsvorschläge geschlagen sind, welche überraschenden, da mutmachenden Fakten berücksichtigt werden sollten usw. Die Bundesrepublik Deutschland kommt auch vor. Als Negativbeispiel.

Außerdem ist Petersons kurze Stellungnahme in Stil und Durchführung unnachahmlich. In diesem Video beginnend mit der Frage an Peterson nach 20 Minuten und 20 Sekunden: