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Fidel Castros Verbrechen, auf deutsche Verhältnisse umgebrochen

Der wie stets treffliche David P. Goldman (Spengler) geht davon aus, daß Fidel Castro und seine Genossen die Ermordung von 15.000 Kubanern zu verantworten haben; das sei ein häufig gebrauchter Mittelwert in den Schätzungen, bezogen auf die Jahre zwischen 1958 und 1987.

Kuba ist ein Land mit etwa 7.000.000 Einwohnern. 15.000 politisch motivierte Hinrichtungen in einem Land dieser Größe entsprächen 680.000 Tötungen in den USA, einem Gemeinwesen von rund 318.000.000 Einwohnern. Dies ist die Mord-Quote des Castro-Regimes. Goldman veranschaulicht:

What’s 680,000? The entire population of Denver or Seattle. Imagine taking every man, woman, and child of a major American city and murdering them.

Auf die Bundesrepublik Deutschland mit ihren etwa 82.000.000 Einwohnern umgerechnet, erhalten wir einen Wert von rund 175.700 Getöteten. Das entspräche, von weniger als 3.000 Verschonten abgesehen, der Einwohnerzahl Saarbrückens. In einer der unwesentlich kleineren Städte Mülheim/Ruhr, Potsdam, Ludwigshafen, Oldenburg, Leverkusen oder Osnabrück gäbe es keine Überlebenden. (Zugrunde liegen die Werte für das Jahr 2015.)

Wie schreibt Oscar Lafontaine auf Facebook? „Der Kämpfer Fidel ist gestorben, aber seine Ideen leben weiter.“

Siehe auch hier und hier, hier und hier.

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Ganz Gegenwart, stramm ideologisch

Die deutsche Linke hat zum Autonummer-Djihad geblasen. Waren es bisher einige Buchstabenkombinationen, die auf Kfz-Kennzeichnen keine Verwendung finden sollten („HJ“, „NA-ZI“) – was als völlig angemessen gelten darf -, werden nun auch Zahlenkombinationen inkriminiert. Zum Anlaß gereicht  der Werbespot einer Lebensmittelkette, in dem nicht nur „verdächtige“ Zahlenfolgen auf Nummernschildern vorkommen, sondern auch ein Kinderbuch mit dem Namen „Edda“ in die Kamera gehalten wird. Außerdem kamen zwei Buchstabenfolgen auf den Kennzeichen vor, nämlich „SO-LL“ und „MU-SS“, die verdächtig ins Deontologische und damit, wenn man unbedingt will, ins Autoritäre wiesen, und zudem eine der, wie erwähnt, zu vermeidenden Buchstabenreihungen zeigten.  Die Sache wäre eine Lachnummer, wenn, ja wenn Helldeutsche über einen gewissen Abstand zu sich selbst verfügen würden. Aber der muß ihnen irgendwo zwischen dem siebzehnten und neunzehnten Semester Sozialpädagogik verloren gegangen sein. Wie ja auch wenig Rede davon ist, daß die Macher des fraglichen Werbespots womöglich die Absicht gehabt haben könnten, dergleichen Hysterie hervorzurufen; womit denn dieses EDEKA-Filmchen ein Meisterwerk des Triggerns und Trollens wäre, darin ähnlich der Kampagne von Donald J. Trump. Jedenfalls hat keine andere Lebensmittelkette in Deutschland derzeit mehr Publicity – und dazu weitestgehend gratis.

Wie dem auch sei, man fragt sich – oder wie einer meiner Professoren in Göttingen zu sagen pflegte: man frägt sich -, ob denn überhaupt noch Ziffern genannt geschweige denn verknüpft werden können, ohne einen Bezug auf das Böse in der Geschichte zu evozieren. Meine Wenigkeit etwa wurde an einem Achtzehnten geboren. Nun muß ich erfahren, daß die Zahl 18 auf Adolf Hitler schließen läßt, wenn man sich auf die Initialen konzentriert und deren Reihenfolge im Alphabet zugrunde legt. Du meine Güte! Was tu ich, wenn meine Frau das erfährt? Und wie erklär ich’s den Kindern?

Freilich ist die Angelegenheit nicht ausschließlich amüsant. Der Autonummer-Djihad wird sein wenn auch nur nanometerfeines Quentchen dazu beitragen, die jüngeren Deutschen – und unter ihnen besonders die Strebsamen, Freundlichen, Empfindsamen – von ihrer Geschichte zu isolieren, indem letztere auf die zwölf Jahre unter den Nationalsozialisten eingedampft wird. So wird der Eindruck hervorgerufen, daß die Verbrechen der Jahre 1933-1945  das für jene jüngeren Deutschen schlechthin Definierende seien; es wird ein  Selbstverhältnis verhindert, das weiter in die Geschichte zurückreicht, neben Schlimmem auch Gutes findet, dazu andere, fremdgewordene Werte, Maße, Zwecke.

Das Ergebnis: Eine Generation, deren ältesten Rückbezug der Tag der Machtergreifung Adolf Hitlers ausmacht, die also radikal präsentisch lebt. Es lassen sich kaum willigere Opfer denken, um sein Spielchen zu treiben…

Was tun? Aus der deutschen Blase heraustreten, um zu lernen.

In Ländern ohne Plastikflaschenpfand und Bionade sieht die historische Erinnerung so aus:

Mehr lesen „Ganz Gegenwart, stramm ideologisch“
Von wegen Populismus: der andere Blick ostmitteleuropäischer Menschen auf den Staat
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Von wegen Populismus: der andere Blick ostmitteleuropäischer Menschen auf den Staat

David Solway berichtet:

A Romanian friend who suffered through Nicolae Ceaușescu’s dictatorship in his home country tells me that in many ways the situation in the “freedom loving” West is actually worse. In Romania, as in the Soviet Union and the rest of the Eastern Bloc, most people knew that the regime was founded on lies and that the media were corrupt, time-serving institutions. Here, on the contrary, people tend to believe that the government is relatively, if not entirely, trustworthy, that the judiciary is impartial, and that the media actually report the news. Citizens are therefore susceptible to mission creep and are piecemeal deceived into a condition of indenture to socialist governance, an activist judiciary, a disinformative, hireling press corps, and left-wing institutions. People will vote massively for the Liberal Party in Canada and the Democrats in the U.S., not realizing they are voting themselves into bondage, penury and stagnation.

(Ein rumänischer Freund von mir, der die Ceausescu-Diktatur in seiner Heimat durchlitten hat, erklärt mir, daß die Situation im „freiheitsliebenden“ Westen schlimmer sei. Die Menschen in Rumänien, der Sowjetunion und den anderen Ostblock-Staaten wußten, daß ihr Regime auf Lügen gründete und die Medien korrupte Institutionen lakaienhaften Zuschnitts waren. Hier hingegen, im Westen, neigen die Leute zu der Annahme, daß ihre Regierung einigermaßen oder gar zur Gänze vertrauenswürdig sei, das Gerichtswesen unparteiisch, die Medien tatsächlich Nachrichten brächten. Deshalb lassen die Bürger über sich ergehen, daß ihre Regierung immer mehr Aufgaben übernimmt; sie lassen sich in eine Situation der Vertragssklaverei (Indentur) mogeln, in der sie ihrer fiskalsozialistischen Regierung, einem weltanschaulich beeinflußten Gerichtswesen, der ihre Leser oder Zuschauer irreführenden, mietlinghaften Journalistenschaft und sonstigen linkslastigen Organisationen und Einrichtungen ausgeliefert sind. Die Menschen wählen zuhauf Parteien, die wie die kanadische Liberal Party oder die US-Demokraten dem linken Spektrum zugehören, weil ihnen unklar bleibt, daß sie sich selbst in einen Zustand der Knechtschaft, Mittellosigkeit und Ausweglosigkeit hineinwählen.)

Mehr hier. Interessant im gegebenen Zusammenhang: Theodore Dalrymple, „The Uses of Corruption“ (2001).

Stefan George: Hannover, die „fahlste“ Stadt Deutschlands
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Stefan George: Hannover, die „fahlste“ Stadt Deutschlands

Ein Bekannter verdingte sich als Lohnschreiber bei einem Wochenblättchen. Einer seiner ersten (und, dank emsigen Aufwärtsstrebens bei beträchtlichem Talent, letzten) Marketing-Texte begann mit der gewaltigen Fügung: „Schon Goethe schätzte Wurst im Naturdarm.“

So habe denn nun ich das besondere Vergnügen, folgenden Satz in die virtuelle Welt zu meißeln: „Schon Stefan George lästerte über Hannover.“

(Den nicht-Hannoveranern sei hier am Rande mitgeteilt, daß die eigentlichen und auch die gottlob ehemaligen Bewohner der niedersächsischen Hauptstadt ein recht vielschichtiges Verhältnis zu dem spröden und erschütternd schmutzigen Konglomerat an Leine und Maschsee pflegen.)

Wie dem auch sei. Der Meister schrieb in seinem großen Gedicht „Der Krieg“, das, zuvor, und gänzlich unmeisterlich, als Sonderdruck vulgo Flugschrift kursierend, in den Band Das neue Reich einging:

Wo zeigt der Mann sich der vertritt? das Wort
Das einzig gilt fürs spätere gericht?
Spotthafte könige mit bühnenkronen ·
Sachwalter · händler · schreiber – pfiff und zahl.
Auch in verbriefter ordnung grenzen: taumel ·
Dann drohnde wirrsal .. da entstieg gestüzt
Auf seinen stock farblosem vororthaus
Der fahlsten unsrer städte ein vergessner
Schmuckloser greis .. der fand den rat der stunde
Und rettete was die gebärdig lauten
Schliesslich zum abgrundsrand gebracht: das reich ..

Da haben Sie’s: Hannover, die „fahlste“ aller Städte Deutschlands. Der Greis ist Paul von Hindenburg; das „farblose vororthaus“ sehen Sie oben – die Villa Köhler, hier als Villa Hindenburg bezeichnet.

Vielleicht trifft der downgrade, welchen der Dichter dem Domizil des Herrn von Hindenburg verpaßt hat, die Stadt am Rande mit; als ästhetisch-weltanschaulicher Kollateralschaden. Vielleicht war es gezielte und sauber dosierte Bösartigkeit. Wer kann das wissen – außer dem Meister?

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Bildnachweis. Ein wenig mehr über George, von Hindenburg, die Villa Köhler in Hannover und das Gedicht „Der Krieg“ in meinem Aufsatz „Geist bei George. Beobachtungen“, in: Aneta Jachimowicz, Tomasz Żurawlew (red.), Geisteskultur zwischen Ästhetik und Poetik, Würzburg 2016.

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Von den Geschicken der Moriori

Die Moriori kamen um 1500 auf die Chatham-Inseln, knapp 770 km südöstlich der Hauptinseln von Neuseeland. Sie flohen vor aufbrandenden Stammeskämpfen in ihrer alten Heimat.

Auf Rēkohu und Rangihaute, den Chatham-Inseln, lebten die Moriori einige Zeit in Frieden. Dann brachen auch dort Zwist und Gewalt aus. Schließlich verbat der Älteste Nunuku-whenua Mord, Totschlag und Kannibalismus. Die Moriori schworen, was als Nunukus Gesetz bekannt wurde: „Von nun an und auf ewige Zeit soll kein Krieg mehr sein, wie ihn das Heute gesehen hat!“ Der Schwur wurde bewehrt durch Nunukus Fluch: „Mögen Deine Eingeweide verfaulen an dem Tage, wenn Du ihn vergißt!“

Es folgten viele Jahre in Frieden.

Dann, im Jahre 1835, vierundzwanzig Generationen nach dem Schwur auf Nunukus Gesetz, kamen 900 Männer, Frauen und Kinder zweier Maori-Stämme, der Ngāti Mutunga and Ngāti Tama, auf die Chatham-Inseln. Sie kamen an als Kranke und Erschöpfte; und wurden von den Moriori gesundgepflegt.

Kurz darauf begannen die Ankömmlinge, die Moriori zu bekämpfen. Es wurde deutlich, daß die beiden Maori-Stämme sich zu den neuen Herren der Chatham-Inseln machen wollten.

Die Moriori beriefen einen Rat ein. Die jüngeren, kampffähigen Männer wollten die Invasoren vertreiben; auch wenn ihr Volk viele Generationen nicht gekämpft hatte, waren sie sicher, die Eindringlinge vernichten zu können, weil es Zwei gegen Einen stand und sie selbst kräftig waren. Aber die Älteren sprachen sich dagegen aus. Nunukus Gesetz sei heilig.

Die Folgen waren furchtbar.

Die Moriori wurden erschlagen oder versklavt. Viele siechten in Verzweiflung dahin.  Gab es in den besten Zeiten etwa 2000 Moriori auf Rēkohu und Rangihaute, starben zwischen 1835 und 1863 (nach zeitgenössischen Chroniken) 1561 Moriori. Im Jahr 1862 lebten ihrer noch hundertundeine Seele.

Mein Gott, Frau Merkel!
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Mein Gott, Frau Merkel!

Unsere Kanzlerin, seit kurzer Zeit „Person of the Year“ der Zeitschrift „Time“, hat ihre Landsleute während einer Rede auf der Veranstaltung „60 Jahre Gastarbeiter in Deutschland“ am 7. Dezember 2015 mit folgender Einsicht beglückt:

Ich glaube, wir haben von Gastarbeitern ein wenig übernommen, dass man in Restaurants auch draußen sitzt, dass man ein bisschen lockerer an die Dinge herangeht, dass man offener sein kann und dass nicht mehr alles so sehr genormt ist. Das hat den Deutschen auch ganz gutgetan und sie haben mitgemacht.

Mein Gott, Frau Merkel! Auch das Draußen-Sitzen haben wir erst von Zuwanderern lernen müssen? Wie kommt es dann, daß Max Liebermann um 1902 das oben gezeigte Bild malen konnte, daß alte Postkarten zuhauf Gartenlokale und -restaurants zeigen?