Thomas Sowell: Wie Intellektuelle Dauer-Arme schaffen. Ein Mißverständnis in Diskussionen über „soziale“ Gerechtigkeit

Thomas Sowell: Wie Intellektuelle Dauer-Arme schaffen. Ein Mißverständnis in Diskussionen über „soziale“ Gerechtigkeit

Auszüge aus Thomas Sowells Intellectuals and Society, in freier deutscher Übersetzung:

Die am stärksten sprudelnde Quelle von Mißverständnissen über Fragen der Einkommensverteilung – distributive oder auch „soziale“ Gerechtigkeit – ist die weitverbreitete Gewohnheit, statistische Kategorien mit Menschen aus Fleisch und Blut zu verwechseln.

In den Medien und der akademischen Welt wird sehr häufig behauptet, daß die Reichen nicht nur höhere Einkommen als die Armen hätten, sondern daß deren Einkünfte auch einen immer größeren Anteil am Volkseinkommen ausmachen würden. Das vergrößere die Unterschiede zwischen jenen am oberen Ende der Einkommensskala und denjenigen am unteren Ende. Solche Diagnosen basieren fast immer auf einer Vermischung dessen, was sich über die Jahre in so-und-so umrissenen statistischen Kategorien tut, mit dem, was über die Jahre im Leben von lebendigen Menschen wie Ihnen und mir geschieht.

In der Welt statistischer Kategorien trifft es zu, daß das Einkommen der oberen zwanzig Prozent und auch der Anteil, den das Einkommen der oberen zwanzig Prozent am gesamten Volkseinkommen ausmacht, über die Jahre gestiegen ist. Daher hat sich, was die Einkünfte angeht, die Schere zwischen dem oberen Fünftel und dem Rest der Gesellschaft weiter geöffnet.

Wenn man jedoch die Geschichte der Einkommen konkreter Individuen anhand ihrer Steuererklärungen nachvollzieht, ergibt sich ein anderes Bild. So sind die Einkünfte jener Menschen, die 1996 zum Fünftel der am wenigsten Verdienenden zählten, bis zum Jahr 2005 um einundneunzig Prozent gestiegen. Demgegenüber sind die Einkommen derjenigen Bürger, die 1996 zum Fünftel der Gesellschaft mit den höchsten Einkünften gehörten, nur um zehn Prozent gewachsen. Personen, welche zu den fünf Prozent oder sogar dem legendären einen Prozent an der Spitze gehören, mußten Einbußen ihrer Einkünfte hinnehmen.

Es mag wirken, als seien diese völlig unterschiedlichen Statistiken unvereinbar. Aber dem ist nicht so, weil Menschen aus Fleisch und Blut sich von einer statistischen Kategorie in eine andere hinüberbewegen können. Wenn bestimmte Steuerzahler, die zuerst unter den Geringverdienern waren, im Verlauf eines Jahrzehnts ihr Einkommen verdoppeln, verlassen sie das Fünftel derjenigen mit den geringsten Einkünften; und wenn bestimmte Personen, die hinsichtlich ihrer Einkünfte zu dem einen Prozent an der Spitze gehört haben, ein Viertel ihres Einkommens einbüßen, fallen sie aus dieser Kategorie heraus.

Daten bezüglich der vierhundert reichsten Amerikaner zwischen den Jahren 1992 und 2000 sind keine Daten über ein- und dieselben vierhundert Menschen.

Die meisten Menschen nämlich beginnen ihr Berufsleben in einfachen Jobs, die keine großartigen Einkünfte bringen. Über die Jahre aber erwerben die Menschen mehr und mehr Qualifikationen, sammeln mehr und mehr Fertigkeiten und Berufserfahrung. Das erhöht ihre Produktivität und hebt sie aus dem Fünftel der Menschen mit den geringsten Einkünften heraus in immer höhere Fünftel.

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Wilhelm Röpke: Kapitalismus als Popanz

Wilhelm Röpke im Jahr 1931 über die Kritik vieler Intellektueller am Kapitalismus. Seine Einsichten bleiben reichlich achtzig Jahre später ungebrochen aktuell:

Entscheidend für die Beurteilung des Kapitalismus ist … der Umstand, daß er gerade heute, wo er  den schärfsten Angriffen ausgesetzt ist, fast bis zur Unkenntlichkeit durch wesensfremde Eingriffe der verschiedensten Art entstellt und verzerrt ist. Direkte Preismanipulationen durch den Staat, Höchstpreiswirtschaft wie heute noch für Wohnungen oder Niedrigstpreiswirtschaft wie für Kaffee, Kautschuk, Weizen und Roggen, ein immer komplizierter werdendes System des Schutzes der heimischen Produzenten gegenüber der ausländischen Konkurrenz, Verwendungszwang und Verbrauchsvorschriften, „politische“ Lohnbildung, immer weiteres Hinauswagen der öffentlichen Hand auf das weite Feld der Produktion und des Handels, Prämien und Subventionen in endloser Reihe, die immer stärkere Aufblähung der Staatsausgaben – kurz: Eingriffe, Kollektivismus und „Plan“wirtschaft auf der ganzen Linie. Kann man das noch Kapitalismus nennen? Sollte man es nicht lieber Subventionismus, Interventionismus oder Pseudokapitalismus taufen? Das Groteske der Situation besteht nun darin, daß diese Eingriffe und Manipulationen einerseits die Funktionsfähigkeit des Kapitalismus in einer Weise herabgesetzt haben, die wir heute in der Krise aufs schmerzlichste spüren, daß sie aber andererseits ja gerade dem wirtschaftspolitischen Programm derjenigen entsprechen, die sich in der Kritik am Kapitalismus nicht genugtun können. Und dieselben Kritiker des Kapitalismus fordern, um die durch die bisherigen Eingriffe weitgehend funktionsunfähig gewordene Wirtschaft wieder flottzumachen, eine Steigerung der Eingriffe, eine Erweiterung der Planwirtschaft und damit eine weitere Degenerierung unserer Wirtschaft – Leuten vergleichbar, die eine Maschine, in deren Getriebe Sand geschüttet worden ist, dadurch wieder in Gang zu bringen hoffen, daß sie noch mehr Sand hineinschütten. Das ist die bewundernswerte Logik, in der wir uns heute bewegen!

Wilhelm Röpke, „Die Intellektuellen und der «Kapitalismus»“ (Pseud. Ulrich Unfried), in: ders., Gegen die Brandung, hrsg. v. Albert Hunold, Erlenbach-Zürich und Stuttgart 1959, S. 87-107, zit. S. 93-94.

Von der Todesverliebtheit linker Intellektueller
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Von der Todesverliebtheit linker Intellektueller

 

Nach Elizabeth Scalia und Andrew Klavan.

Klavan: Sogar als ich noch ein Abtreibungsbefürworter war, schien es mir stets seltsam, weshalb der Schwangerschaftsabbruch auf der Linken wie ein Sakrament behandelt wurde, so sehr im Mittelpunkt des linken Politik-Programms stand. Ich verstehe durchaus, aus welchen Gründen ein Mensch guten Willens für ein Recht auf Abtreibung argumentieren kann; er könnte darauf hinweisen, daß es sich um eine kleine Tragödie zur Verhinderung einer größeren Tragödie handle; er könnte sogar konstatieren, daß – bis zu einem gewissen Zeitpunkt wenigstens – gar kein moralisches Problem vorliege. Wie auch immer. Aber zu sagen, daß ein Schwangerschaftsabbruch eine gute Sache sei? Etwas Positives? Das verstehe ich nicht. […]

Tatsächlich machen einige auf der Linken, besonders der feministisch geprägten Linken, den Eindruck, als würden sie die Vorstellung, ein Kind abzutreiben, jener vorziehen, ein Kind auf die Welt zu bringen. Schauen Sie sich diesen (für mich) schrecklich traurigen Eintrag auf Slate an, „Das Schlimmste, was Du Deiner Mutter angetan hast“ von Rebecca Helm:

An diesem Muttertag möchte ich für etwas um Verzeihung bitten, das wahrscheinlich das Schlimmste ist, was ich meiner Mutter jemals angetan habe. Auch Sie haben es Ihrer Mutter angetan. Liebe Mutter: Es tut mir sehr leid. Es tut mir leid, Dich manipuliert, von Dir gestohlen, Dein Kreislaufsystem kontrolliert und einen Teil Deines Leibs verbraucht zu haben. Wie jeder andere Mensch, der lebt, habe ich all das getan, noch ehe ich geboren wurde…

Wirklich?

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Scheinheilige

Scheinheilige

Watts Up With That? hat dieses herrliche Bild von Anti-Fracking-Protestlern. (Die anderen sind in den Zelten oder außerhalb des Bildes.) Anthony Watts kommentiert:

Glauben diese Anti-Fracking-Protestler, Nylonzelte, PVC-Matten und Kunststoffe wachsen auf Bäumen? Ganz sicher liegen in diesen Zelten auch noch Schlafsäcke aus synthetischen Fasern und gasbetriebene Campingkocher.

Denken diese Scheinheiligen manchmal darüber nach, welche Art Welt sie ertragen müßten, wenn es keine billigen Kohlenwasserstoffe und synthetischen Kunststoffe gäbe, gegen deren Quelle, die Erdölgewinnung, sie sich engagieren?

Ich fürchte, nein.

Die sechs Widersprüche des US-amerikanischen Sozialismus

Die sechs Widersprüche des US-amerikanischen Sozialismus

Auf „The People’s Cube“ beschreibt „Red Square“ in Anlehnung an sowjetische Witze die sechs Widersprüche des Sozialismus in den Vereinigten Staaten von Amerika:

[1] America is capitalist and greedy – yet half of the population is subsidized.

[2] Half of the population is subsidized – yet they think they are victims.

[3] They think they are victims – yet their representatives run the government.

[4] Their representatives run the government – yet the poor keep getting poorer.

[5] The poor keep getting poorer – yet they have things that people in other countries only dream about.

[6] They have things that people in other countries only dream about – yet they want America to be more like those other countries.

Es lohnt, die Sache ins Deutsche zu übertragen:

[1] Amerika beruht auf Kapitalismus und Gier. – Aber die Hälfte der Bevölkerung lebt von öffentlichen Transferleistungen.

[2] Die Hälfte der Bevölkerung lebt von Transferleistungen. – Dennoch meinen diejenigen, die zu dieser Hälfte gehören, Opfer zu sein.

[3] Sie meinen, Opfer zu sein. – Aber gerade diejenigen, die von ihnen gewählt worden sind, bilden die Regierung.

[4] Die von den Opfern Gewählten bilden die Regierung. – Trotzdem werden die Armen immer ärmer.

[5] Die Armen werden immer ärmer. – Aber sie besitzen Dinge, von denen die Menschen in anderen Ländern nur träumen können.

[6] Sie besitzen Dinge, von denen die Menschen in anderen Ländern nur träumen können. – Dennoch wollen sie, daß die USA mehr und mehr diesen anderen Ländern ähneln.

Noch Fragen?

(Bild: Detroit, via Pixabay.)

Rudyard Kipling über die Tradition als Voraussetzung der Freiheit
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Rudyard Kipling über die Tradition als Voraussetzung der Freiheit

Rudyard Kiplings „The Gods of the Copybook Headings“ („Die Götter der Schönschreibheft-Sinnsprüche“) sind ein erstaunliches Gedicht. Es ist knapp hundert Jahre alt. Wie konnte der Dichter so viele der Torheiten vorhersehen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten begangen haben?

As I pass through my incarnations in every age and race,
I make my proper prostrations to the Gods of the Market Place.
Peering through reverent fingers I watch them flourish and fall,
And the Gods of the Copybook Headings, I notice, outlast them all.

We were living in trees when they met us. They showed us each in turn
That Water would certainly wet us, as Fire would certainly burn:
But we found them lacking in Uplift, Vision and Breadth of Mind,
So we left them to teach the Gorillas while we followed the March of Mankind.

Bestimmte Einsichten und Empfehlungen locken keinen Hund hinter dem Ofen hervor – so selbstverständlich wirken sie. Vielen Menschen, besonders wenn sie jung sind, scheinen diese Maximen deshalb nichtssagend zu sein („Wasser macht naß“ etc.). Es fehlt ihnen das Erhebende und Orignelle („Uplift“, „Vision“ usw.); genau deshalb kann man mit vielen Auffassungen, die vernünftig sind, nicht renommieren. Auch erlauben sie nicht, uns für fortgeschrittener und also klüger als frühere Generationen zu halten („March of Mankind“)… Erkennen wir Köder und Falle?

We moved as the Spirit listed. They never altered their pace,
Being neither cloud nor wind-borne like the Gods of the Market Place;
But they always caught up with our progress, and presently word would come
That a tribe had been wiped off its icefield, or the lights had gone out in Rome.

Dergleichen ist geschehen, und es kann wieder geschehen.

With the Hopes that our World is built on they were utterly out of touch,
They denied that the Moon was Stilton; they denied she was even Dutch;
They denied that Wishes were Horses; they denied that a Pig had Wings;
So we worshipped the Gods of the Market Who promised these beautiful things.

Im Englischen gibt es die wunderbare Fügung „wishful thinking“, um eine bestimmte Form des Kindisch-Seins zu beschreiben, die uns allen immer wieder unterläuft. Das Deutsche ist gerade hier, an dieser für die Ethik und Staatskunst entscheidenden Stelle so viel ärmer! Auf Wünschen kann man nicht reiten, und Hoffnungen sind kein Fels, auf dem man bauen könnte; Hoffnung kann allenfalls dabei helfen, auf der Suche nach festem Grund nicht vorschnell aufzugeben.

When the Cambrian measures were forming, They promised perpetual peace.
They swore, if we gave them our weapons, that the wars of the tribes would cease.
But when we disarmed They sold us and delivered us bound to our foe,
And the Gods of the Copybook Headings said: „Stick to the Devil you know.“

Über die europäische (und deutsche) „Nachkriegsweisheit“ muß kaum ein Wort mehr verloren werden. Wir verlassen uns darauf, daß die Vereinigten Staaten von Amerika uns im Fall der Fälle heraushauen werden. Und verachten sie genau dafür.

On the first Feminian Sandstones we were promised the Fuller Life
(Which started by loving our neighbour and ended by loving his wife)
Till our women had no more children and the men lost reason and faith,
And the Gods of the Copybook Headings said: „The Wages of Sin is Death.“

Der „neue Mensch“ wollte nicht weniger als eine neue Welt gewinnen, und jetzt hat er sogar Schwierigkeiten damit, sich fortzupflanzen. Und er hat seinen Glauben und seine Vernunft verloren. Darüber lohnt nachzudenken. Die „Ehrfurcht vor dem Traditionellen“ ist, so Friedrich August von Hayek, „für das Funktionieren einer freien Gesellschaft unentbehrlich“.

In the Carboniferous Epoch we were promised abundance for all,
By robbing selected Peter to pay for collective Paul;
But, though we had plenty of money, there was nothing our money could buy,
And the Gods of the Copybook Headings said: „If you don’t work you die.“

Der Wohlfahrtsstaat beruht auf Diebstahl („robbing… Peter“), und er ist nur um den Preis chronischer Inflation zu haben. Allein Kiplings Hinweis, daß es nichts gebe, was unser Geld kaufen könne, muß nicht nur auf dessen Entwertung hinweisen. Hier mag auch dasjenige eine Rolle spielen, was Wilhelm Röpke „Langeweile in der Massengesellschaft“ nennt:

Die Menschen werden nicht nur als Produzenten, die typisierte Serienfabrikate in einer mehr und mehr mechanisierten Erzeugung herstellen, sondern auch als Konsumenten ihrer natürlichen Individualität entkleidet, da diese Serienerzeugnisse den individuellen Geschmack ignorieren müssen, während die Klasse derjenigen, die wohlhabend genug sind, die nicht über denselben Leisten geschlagenen Güter zu erwerben, dank einer von der erdrückenden Masse der Normalverbraucher erzwungenen Neidbesteuerung immer mehr zusammenschmilzt.

Kipling fährt fort:

Then the Gods of the Market tumbled, and their smooth-tongued wizards withdrew
And the hearts of the meanest were humbled and began to believe it was true
That All is not Gold that Glitters, and Two and Two make Four —
And the Gods of the Copybook Headings limped up to explain it once more.

Wir beginnen zu glauben, daß an den Weisheiten in den Schönschreibheften etwas dran sein könnte. Das heißt, die sich überlegen dünkenden Menschen aus Kiplings zwanzigstem und unserem einundzwanzigsten Jahrhunder tun das, was Tom Wolfe als Relearning beschrieben hat. Wir lernen, was Generationen vor uns wußten:

In 1968, in San Francisco, I came across a curious footnote to the hippie movement. At the Haight-Ashbury Free Clinic, there were doctors treating diseases no living doctor had ever encountered before, diseases that had disappeared so long ago they had never even picked up Latin names, diseases such as the mange, the grunge, the itch, the twitch, the thrush, the scroff, the rot. And how was it that they now returned? It had to do with the fact that thousands of young men and women had migrated to San Francisco to live communally in what I think history will record as one of the most extraordinary religious fevers of all time.

The hippies sought nothing less than to sweep aside all codes and restraints of the past and start from zero. At one point, the novelist Ken Kesey, leader of a commune called the Merry Pranksters, organized a pilgrimage to Stonehenge with the idea of returning to Anglo-Saxon’s point zero, which he figured was Stonehenge, and heading out all over again to do it better. Among the codes and restraints that people in the communes swept aside–quite purposely–were those that said you shouldn’t use other people’s toothbrushes or sleep on other people’s mattresses without changing the sheets, or as was more likely, without using any sheets at all, or that you and five other people shouldn’t drink from the same bottle of Shasta or take tokes from the same cigarette. And now, in 1968, they were relearning…the laws of hygiene…by getting the mange, the grunge, the itch, the twitch, the thrush, the scroff, the rot.

Aber zurück zu Kipling:

As it will be in the future, it was at the birth of Man —
There are only four things certain since Social Progress began: —
That the Dog returns to his Vomit and the Sow returns to her Mire,
And the burnt Fool’s bandaged finger goes wabbling back to the Fire;

And that after this is accomplished, and the brave new world begins
When all men are paid for existing and no man must pay for his sins,
As surely as Water will wet us, as surely as Fire will burn,
The Gods of the Copybook Headings with terror and slaughter return!

Wer atmet, dem steht auch dann, wenn er gesund ist, lebenslang Geld zu. Ob „Hartz IV“, „Bürgergeld“ oder „garantiertes Grundeinkommen“. Für das Brot und die Spiele. Keines weiteren Worts bedarf es, um in dieser Vorstellung den Gipfel der Dekadenz zu erkennen. Und zwar selbst dann, wenn nicht wieder Peter (und sein Nachwuchs bis in die x-te Generation) für den „kollektiven Paul“ zahlen müßte. Wobei überhaupt Peter, der ausgewählte („selected“) Peter, dort, wo die Schönschreibheft-Sinnsprüche auf taube Ohren stoßen, ganz offenbar der Einzige ist, der bestraft wird. Natürlich trifft es ihn nicht etwa deshalb, weil er eine Sünde oder sonstige Übertretung begangen hätte; schließlich wird wegen solcher Dinge niemand mehr ernsthaft bestraft, sondern „nur“ noch zu bessern versucht. Kipling durchdringt auch den Widersinn der pantherapeutischen Weltsicht, wie sie Theodore Dalrymple u.a. beschreiben, und erkennt sie als Symptom der Dekadenz, die er beschreibt. Peter wird ausgenommen, weil er (noch) geben kann.

Wie lange das so weitergehen kann und soll? Bis die Götter der Schönschreibheft-Sinnsprüche wiederkehren – mit Feuer und Schwert. Soviel zum Thema „vermeidbares Elend“.

***

Das Gedicht von Rudyard Kipling findet sich u.a. bei John Derbyshire, der es als Text und Hördatei bereithält. Auf Tom Wolfes Relearning-Topos bin ich durch Ed Driscoll aufmerksam geworden. Friedrich August von Hayeks Mahnung ist im vierten Kapitel, (sechster Abschnitt) von dessen „Die Verfassung der Freiheit“ enthalten. Wilhelm Röpke schreibt von der Langeweile in der Massengesellschaft im zweiten Kapitel seines Werkes „Jenseits von Angebot und Nachfrage“ (Inhaltsübersicht); das Zitat stammt von Seite 110 einer älteren Ausgabe (Erlenbach-Zürich u. Stuttgart 1966). Natürlich bildet Kiplings Strophe von der Rückkehr der Sinnspruch-Götter keine Endzeitphantasie, sondern „nur“ einen Hinweis auf die Folgen menschlicher Dummheit. (Hintergrund-Bild: Pixabay.)