Bach per Eierschneider
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Bach per Eierschneider

Sehen Sie mir die lästerliche Bezeichnung für die Harfe nach! Ein Orchestermusiker hat mir einmal gesagt, dies sei der übliche Spitzname.

Nachdem ich so Ihre Aufmerksamkeit gewonnen habe, nehmen Sie sich doch die neuneinhalb Minuten Zeit, um Ашхен Геворкян (Ašchen Gevorkjan), die Sie auch hier auf den Seiten des Moskauer Staatlichen Čajkovskij-Konservatorium sehen, zuzuhören, wie sie BWV 565 auf ihrer Harfe spielt.

(Beitragsbild: Screenshot aus dem verlinkten Film.)

BWV 659

BWV 659

Leo van Doeselaar spielt Bachs „Nun komm der Heiden Heiland“ – hier auf einem überaus empfehlenswerten YT-Kanal.

(Bild: Screenshot aus dem verlinkten Video.)

Theodore Dalrymple (Anthony Daniels): Johann Sebastian Bach als Schutz vor verwahrlosten und gewalttätigen Jugendlichen
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Theodore Dalrymple (Anthony Daniels): Johann Sebastian Bach als Schutz vor verwahrlosten und gewalttätigen Jugendlichen

Einige Passagen aus dem bereits sechs Jahre alten Artikel „When Hooligans Bach Down“ von Theodore Dalrymple, in zuweilen getreuer, zuweilen etwas freierer Übersetzung:

Vor einiger Zeit habe ich in der Zeitung gelesen, wie einige Ladenbesitzer Nordenglands verhindern, daß vor ihren Geschäften verwahrloste und gewalttätige Jugendliche herumlungern, Kunden belästigen, vergraulen oder ausrauben. Sie spielen Bach über Lautsprecher, die vor dem Laden angebracht sind. Das vertreibt die Jugendlichen im Nu; sie fliehen, wie ein Graf Dracula vor Weihwasser, Knoblauchknollen und Kruzifixen die Flucht ergreift.

Es liegt etwas zutiefst Bezeichnendes darin, wenn eine der Perlen abendländischer Kultur, die Musik von Johann Sebastian Bach, dazu gebraucht wird, die jungen Erben ebenjener Kultur davon abzuhalten, Verbrechen zu begehen. Die Barbaren sind nicht mehr vor den Mauern, sie sind längst in der Stadt.

Dalrymple fährt fort:

Das Beispiel der nordenglischen Ladenbesitzer erinnert an eine Geschichte, die der große belgische Sinologe Simon Leys in seiner Essay-Sammlung Le bonheur des petits poissons erzählt. Ley berichtet, wie er in einem Café gesessen habe. Die anderen Gäste plauderten, spielten Karten und tranken etwas. Das Radio gab banale Popmusik und oberflächliche bis dümmliche Kommentare von sich. Plötzlich aber – und ohne einen erkennbaren Grund – übertrug es den ersten Satz von Mozarts Klarinettenquintett und machte aus dem Café „das Vorzimmer zum Paradies“, wie Leys sich ausdrückt. Die Gäste verharrten in allem, was sie taten, as seien sie erschrocken. Dann stand einer von ihnen auf, ging zum Radio und stellte es auf eine andere Station um, die banale Popmusik und oberflächliche bis dümmliche Kommentare brachte. Allgemeine Erleichterung stellte sich ein, als ob die Gäste verspürt hätten, daß die Schönheit und Kultiviertheit der Musik Mozarts einen Tadel bilde, der ihrem Leben gelte und auf den sie keine andere Antwort wüßten, als – Mozart abzuschalten.