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Bari Weiss: Tätiger Optimismus gegen die „woke“ Einöde

Bari Weiss im Gespräch mit Peter Robinson, vor rund einem Monat. Die Journalistin hat ihre Stelle bei der New York Times aufgegeben, weil ihr die ideologische Bevormundung dort unerträglich wurde. Weiss‘ Antwort? Ein neuer Vertriebsweg, mit beträchtlichem finanziellen Erfolg beschritten, nämlich eine Art Internetmagazin für Abonnenten auf der Plattform Substack, dazu eine Podcast-Serie. Außerdem ist Weiss dabei, eine neue Universität in Austin, Texas, aufzubauen, in der nicht bestimmt, was (oder wer) woke ist, sondern Bildung stattfindet, die den Namen verdient. Sie erhalte viele, viele Bewerbungen von Wissenschaftlern, die an dieser neuen Universität lehren möchten, weil sie das Getue der Bolschewoken an ihrer derzeitigen Fakultät kaum mehr aushalten. Das Fundraising habe alle Erwartungen übertroffen. – Es gibt also Bedarf für nicht-linke Bildungsinstitutionen.

Besonderes Augenmerk verdient der Schlußteil des Films (ab Minute 37). Weiss spricht über die Unbarmherzigkeit der Cancel Culture in Zeiten der Social Media. Bereits Fünftklässler achteten darauf, nichts „Kontroverses“ zu äußern – wobei, natürlich, der neueste Trend im Woke-Sein definiert, was kontrovers sei. Es herrsche Selbstzensur.

Gleicht Weiss‘ Urteil über die genannten Übel demjenigen von Jonathan Haidt (verlinkt im gestrigen Beitrag), erweckt vor allem ihre dynamische, zupackende Art Bewunderung, dazu ihr Vertrauen in die Grundfesten der USA. „Wir sind in Amerika“, sagt sie nach Minute 55, „hier kann man Neues erschaffen.“ („This is America. It’s really possible to build new things here.“) Tätiger Optimismus.

Pessimismus ist so langweilig…

Von Leuten, die den Pranger fürchten, läßt sich nichts lernen
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Von Leuten, die den Pranger fürchten, läßt sich nichts lernen

Bemerkenswerter Artikel in The Atlantic über verschiedene Übel, darunter nicht zuletzt eine allgemeine Verdummung, welche Social Media hervorrufen. Zur Wurzel des Elends gereiche, so Jonathan Haidt, deren Share– oder Retweet-Funktion. Die beständige Shitstorm-Drohung führe u.a. dazu, daß Studenten an den Universitäten kaum noch Bildung vermittelt würde, die den Namen verdient, weil die allermeisten Dozenten fürchteten, etwas auch nur annähernd Kontroverses zu äußern.

(Bild: Daniel Defoe is standing in the pillory while soldiers have to restrain crowds from throwing flowers at him. Wood engraving. Wellcome Collection, gemeinfrei.)

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Roger Scruton: Die Hexenjagd-Mentalität der politisch Korrekten

Hören Sie Roger Scruton über die Hexenjagd-Mentalität unserer Tage, die – oft genug durch Facebook, Twitter oder andere „soziale“ Medien bewehrt – manche Karriere auf dem Altar der politischen Korrektheit geopfert hat. Das ist soweit nichts Neues, wird aber doch von Sir Roger ergänzt um die Frage, wie denn eigentlich der (oder die) zu Opfernde ausgewählt werde, und den Hinweis, daß hier ein perverser Pay-off eine Rolle spiele: der Mob gewinnt in seiner Verfolgung ein Gefühl von Einigkeit, Verbundenheit, ja sogar Geborgenheit, indem er den „Bösewicht“ aussondert. Es dünstet also eine Art Nest- oder Stallwärme aus gemeinsamem Haß.

Hier ist der Podcast von knapp zehn Minuten Länge; hier ist der Text. Hörenswert auch Rabbi Jonathan Sacks zum Thema. Beides in englischer Sprache.

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Rabbi Jonathan Sacks über „Cancel Culture“, menschliche Freiheit und Vergebung

Außerordentlich hörenswerte Bemerkungen von Rabbi Sir Jonathan Sacks über die grassierende „Cancel Culture“, das Zur-Strecke-Bringen tüchtiger Leute für Kleinig- und Nichtigkeiten, die teils weit zurückliegen, über den Zusammenhang von menschlicher Freiheit und Vergebung. Brillant ausgeführt, knapp und humorvoll, mit angemessener Schärfe, erstaunlich in seiner Tiefe – vom Banal-Politischen bis ins Religiöse (und Religiös-Existentielle) reichend. In englischer Sprache, von einer Viertelstunde Länge.

Und dann ist sie da, diese Mischung aus Verwunderung, ehrlichem Bedauern und satanischem Gelächter

Und dann ist sie da, diese Mischung aus Verwunderung, ehrlichem Bedauern und satanischem Gelächter

Dann nämlich, wenn man beobachtet, wie ideologisch überhitzte Queckse von drei- oder viermal sieben Jahren, die „was mit Menschen machen“ wollen, und frisch geschiedene Damen in ihren späten Dreißigern oder frühen Vierzigern auf „sozialen“ Medien betreiben, was üblicherweise als Virtue Signalling bezeichnet wird, das Wiederkäuen abgestandener Mißverständnisse, Halb- und Viertelwahrheiten politisch-„sozialen“ Zuschnitts, ob mit Bild (als Meme) oder als farbunterlegter Text, außerdem das mechanische Für-Skandalös-Halten dieses oder jenes zumeist halbverstandenen Sachverhalts, von Personalien wie jener des unlängst gewählten(!) US-Präsidenten ganz abgesehen, um irgendeiner virtuellen Peer Group aus ähnlich umnachteten Seelen zu gefallen und sich dabei für originell und wagemutig – „befreit“ eben – zu halten, obschon vergleichbarer Unsinn schon hunderttausendfach in den logischen Raum geblasen worden ist und von jedem einigermaßen hellen Fleischergesellen oder Oberschüler, der ideologisch unverdorben geblieben ist, sonder Mühe widerlegt werden könnte. Regt sich unter Ihresgleichen kein echter, eigener, womöglich widerständiger Gedanke? Glauben unsere rotglühenden Jünglinge, glauben jene Frauenzimmer an das, was sie tun? Der Surrogat-Charakter ihrer Beschäftigung müßte ihnen doch aufgehen, das Abgeschmackte ihres Tuns, ihre eigene zugleich rührende, als auch ärgerliche Unbeholfenheit.

(Bild: Frans Hals, Luitspelende nar.)